Berichte letzte
Saison

In 30 Jahren haben unzählige unserer Gäste Ihre Kanureise in spannenden Reiseberichten festgehalten. Schau, was sie in Schweden für spannende Abenteuer mit scandtrack erlebt haben und lass dich inspirieren! 

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In 30 Jahren haben unzählige unserer Gäste Ihre Kanureise in spannenden Reiseberichten festgehalten. Schau, was sie in Schweden für spannende Abenteuer mit scandtrack erlebt haben und lass dich inspirieren! 

Autor: Melvin H., 17. November 2022
Warum verlässt man seine Kompfortzone in BÄRlin..

Ein Reisebericht zur Kajaktour

„Auf eigene Faust“ auf dem Fluss Svartälven

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„Warum verlässt man seine Komfortzone in BÄRlin und „paddelt“ fünf Tage durch die schwedische Einsamkeit“?

Am Anfang stand die Idee meines Sohnes Melvin (22) sich einmal mit dem Kajak in die Einsamkeit Schwedens zu begeben, auf sich alleine gestellt und entfernt von jeglicher Zivilisation - Survival eben! Da es aber alleine auf solch einer Tour nur halb soviel Spaß macht kam er auf die glorreiche Idee, mich (Wolfgang 53 Jahre) in seine Planungen mit einzubeziehen. Seiner Meinung nach hätte ich als Soldat oft genug im Zelt in der Natur verbracht, da sollte dieser Fünf-Tages Ausflug mit dem Kajak keine große Herausforderung für mich sein.

Über das Internet landeten wir ziemlich schnell bei scandtrack (mit dt)! Melvin war von nun an Feuer und Flamme für diesen Urlaub und fast täglich trafen Pakete mit seinen Bestellungen von Outdoor-Equipment bei uns zu Hause in Berlin ein, welches seiner Meinung für eine fünftägige Kanutour in der Einsamkeit Schwedens dringend benötigt würde. Für mich war es einfacher - schnell auf dem Dachboden das alte Zwei-Mann Zelt aus dem letzten Schweden Urlaub herausgesucht, die Isomatte und den Schlafsack entstaubt und in meiner alten Bundeswehrkiste den Esbitkocher und das Feldessbesteck gesucht und gefunden - ich war abfahrbereit.

Nachdem der Zeitraum unserer Reise feststand wurde bei scandtrack gebucht, und nachdem wir den Button „buchen“ auf der Internetseite gedrückt hatten klingelte bereits fünfzehn Minuten später bei uns das Telefon. Es meldete sich Annika mit freundlicher Stimme und stellte sich als Büroleiterin von scandtrack vor und sicherte uns bis zum Start unseres Abenteuers die uneingeschränkte Unterstützung durch Sie wie auch durch das scandtrack -Team zu. Welch ein Start, was für ein toller Service - da konnte unser fünftägiger Trip ja nur ein Erfolg werden.

Die Zeit des Urlaubes rückte näher und die Spannung stieg. Was würde uns erwarten? Wie wäre das Wetter in Schweden? Was benötigen wir an Verpflegung? Wie schützen wir uns gegen Mücken? Vierzehn Tage vor unserem Start erhielten wir unsere Reiseunterlagen mit den verschiedenen Vouchern u.a. für die Fährüberfahrt von Rostock nach Trelleborg, für die Bereitstellung des Kajaks sowie weiteres Informationsmaterial.

Ja, Melvin hatte sich für das Reisemittel „Kajak“ und gegen ein Kanu entschieden. Nach unseren Beobachtungen während der Tour konnten wir jedoch feststellen, dass die überwiegende Anzahl der Reisenden mit einem Kanu unterwegs waren und wir mit unseren beiden Kajaks eher zur fahrenden Minderheit zählten.

Auf dem Voucher für die Rückreise von Trelleborg nach Rostock stellte ich fest, dass wir uns bei der Buchung für eine sehr späte Abfahrtszeit entschieden hatten, warum eigentlich? Also erinnert ich mich an das Gespräch mit Annika von scandtrack und ihr Angebot der uneingeschränkten Unterstützung und startete einen Anruf in der Hoffnung die Rückfahrt vielleicht doch auf eine frühere Uhrzeit umbuchen zu können. In diesem Zusammenhang vielen Dank an Mike Behrendt von scandtrack (mit dt) der diese Umbuchung in gewohnter Professionalität für uns möglich machte und umgehend die geänderten Reisunterlagen auf elektronischem Wege zur Verfügung stellte.

Unsere erste Mail zu dieser Umbuchung ging irgendwo im nirgendwo verloren, denn immer daran denken - scandtrack mit dt!

Es kam der Tag der Abreise - unsere Ausrüstung lag bereit, die Angel von Opa war ausgeliehen, die Verpflegung besorgt und so starteten wir am 07. Augst 2022 in aller Frühe mit dem Auto nach Rostock um die Fähre der TT-Line um 08.30 Uhr nach Trelleborg in Schweden zu erreichen. Das kleine Auto war voll beladen mit unseren Vorräten, unserer „Ausrüstung“ und mit anderen wichtigen Sachen um auf

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alle Eventualitäten die uns in Schwedens „Wildnis“ begegnen könnten, gewappnet zu sein. Hier stellte sich mir erstmals die Frage, wieviel Stauraum hat eigentlich so ein Kajak? Es ist ja nur ein Kajak und kein Lastenkahn der den Rhein aufwärts schippert.

Nach einer ruhigen und entspannten Fährüberfahrt und weiteren knapp sechs Stunden Autofahrt auf Schwedens Autobahnen und Landstraßen, erreichten wir müde um 19:00 Uhr die „Weltmetropole“ Hällefors. Hier sollte dann am nächsten Tag unser Abenteurer beginnen und schon während der Anreise mit dem Auto konnten wir uns auf dem Display des Navigationsgerätes von der Umgebung mit seinen unzähligen Seen und Flüssen einen ersten Eindruck über die Bergslags-Region verschaffen und so wuchs mit jedem Kilometer den wir dem Ziel näher kamen die Vorfreude auf die bevorstehenden Tage.

Nachdem wir die Nacht auf dem zum „Vandrarhem & Kanotcenter“ zugehörigen Campingplatz verbracht hatten wurden wir am nächsten Morgen um 09:00 Uhr durch Els und Sico sowie ihrem Team begrüßt. Nach Erledigung der Formalitäten, Empfang der Angelerlaubnis - denn Melvin hatte ja die Angel von Opa nicht nur zum Spaß mitgenommen, sondern um unser tägliches Essen um die Spezialität „Fisch“ zu erweitern - dazu später mehr! Es erfolgte die Einweisung in das Kajak sowie die Übernahme von zusätzlicher Ausrüstung (Säge, Spaten, Axt, Schwimmwesten, Falteimer, Spritzschutz, Sitzpolster, Schwämme und Seil). In meinen Gedanken hatte ich mich schon von dem Einen oder anderen Teil unserer mitgeführten Ausrüstung verabschiedet, denn eine erste Begutachtung der „Ladekapazitäten“ eines Kajaks ließ nichts Gutes erahnen. Die Einweisung in die Streckenführung und die Übergabe und Erklärung zum Streckenverlauf anhand des ausgehändigten Kartenmaterials bildeten den Abschluss der Einweisung und wir konnten, nachdem wir tatsächlich alles an Ausrüstung und Material verstauen konnten, dem Start des fünftägigen Abenteuers entgegensehen.

Aber erst einmal hieß es die Kajaks auf den ebenfalls bereitgestellten Bootswagen mit Spanngurten zu befestigen und die knapp 600 m zur Einsatzstelle am Fluss Svartälven zu Fuß zurückzulegen. Als letzte Information gab uns Sico noch mit auf den Weg, das die unterschiedlichen Umtragestellen sich nicht immer durch guten Zustand bei der Beschaffenheit des Bodens auszeichnen und man somit seinem Bootswagen nicht zu viel zumuten sollte, denn die Kunststoffkonstruktion des Bootswagen könnte schon mal Schaden nehmen. Mit diesen letzten Worten verabschiedete sich Sico von uns und wir verabschiedeten uns von der Zivilisation und marschierten gut gelaunt und hoch motiviert bei strahlendem Sonnenschein in Richtung der Einsatzstelle.

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Hier trafen wir SIE, den Kfz-Mechaniker, den Fliesenleger und den Soldaten von der Insel Rügen. Die drei Freunde waren ebenfalls dem Lockruf der Wildnis Schwedens gefolgt um den Alltagsstress hinter sich zu lassen und die teilweise unberührte Natur im hohen Norden Schwedens mit dem Kajak zu bereisen. Somit starteten wir zu fünft auf dem Fluss Svartälven, immer mit der Strömung in Richtung Süden um dann in Hammarn unsere erste Umtragestelle zu erreichen und anschließend in die Weite des See Torrvarpen einzutauchen. Das Fahren mit dem Kajak erwies sich erstaunlicherweise als nicht zu schwierig und so tauchten wir, hochmotiviert und mit der Aussicht auf fünf spannende Tage, unser Paddel in das glasklare Wasser und ließen den Alltag und den Lärm von Städten und Dörfern hinter uns!

Nach der Umtragestelle in Hammarn trennten sich unsere Wege, Melvin und ich hatten im Vorfeld entschieden am westlichen Ufer des Sees zu bleiben und nach einem geeigneten Lagerplatz für die erste Nacht Ausschau zu halten während unsere drei Begleiter auf der östlichen Seite des Sees ihr Glück versuchen wollten.

Nachdem wir an unserem ersten Tag knapp 11 km auf dem Wasser und 1 km an Land beim Umtragen des Kajaks zurückgelegt hatten landeten wir in Storsand um dort unser Lager für die Nacht zu errichten. Die von mir gefürchtete Anlegeprozedur mit dem Kajak gestaltete sich zu meiner persönlichen Freude nicht so schwer, da ich direkt und mit Schwung auf den flach abfallenden kleinen Sandstrand auffahren konnte umso wieder schnell festen Boden unter den Füßen zu haben. Nachdem wir unser Lager aufgeschlagen und die ersten Bahnen im erfrischenden See gezogen hatten, beendeten zwei in der Ferne auftauchende Kanus unsere Ruhe, denn eine unter dem Kommando der Frau des Hauses stehende Familie aus Sachsen hatte sich ebenfalls Storsand als nächtlichen Lagerplatz auserkoren.

Die einbrechende Nacht sollte dann aber doch noch etwas Außergewöhnliches für Melvin und mich bereithalten. Die Geräusche die wir aus der Ferne vernehmen konnten, waren eindeutig als das Geheule von Wölfen zu erkennen die in der Abgeschiedenheit Schwedens beheimatet waren. Dieses Geheule in dieser fremden Umgebung und mit dem Wissen das die Tiere sich in freier Wildbahn bewegen, und sich nicht in irgendwelchen Gehegen aufhalten, hat uns fasziniert. Das Geheule der Wölfe sollte uns auch in den kommenden Tagen weiter begleiten, mal näher dran und mal weiter entfernt, aber wir beide waren uns bewusst, die Wölfe waren in unserer Nähe!

Nachdem wir die erste Nacht - bei knapp 9 Grad Außentemperatur und mit den Eindrücken des nächtlichen Wolfsgeheuls gut hinter uns gebracht hatten stand somit das erste Frühstück für uns an. Nachdem wir uns auf der Fährüberfahrt noch mit etwas Margarine vom Bord-Buffet eingedeckt hatten

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stand der morgentlichen Stärkung nichts mehr im Wege. Melvin und ich hatten entschieden immer schon zeitig die beiden Kajaks zu beladen um auch nicht zu spät zu den täglichen Abenteuern auf den Weiten der Seen aufzubrechen - WARUM? Erst einmal sicherte uns die frühzeitige Ankunft an den von ausgewählten Lagerplätzen immer einen Platz für die Nacht und auf der anderen Seite konnten wir beobachten, dass zum Nachmittag hin die Stille des Wassers auf dem See durch den aufkommenden Wind in leichten Wellengang überging. Wellengang und Kajak sind zwei Phänomene die irgendwie nicht zusammenpassen, gerade wenn man noch nicht so viel Erfahrung mit dem Kajak auf offenen Gewässern hat und Melvin und ich waren ja in dieser Beziehung noch absolute Frischlinge.

Unsere heutige Etappe sollte uns über Grythyttan und nur einer Umtragestelle weiter Südwärts in Richtung Sör-Älgen und dem Rastplatz mit Wetterschutzhütte und Trockentoilette Hälgsnäsviken führen. In Grythyttan kehrten wir kurz wieder in die Zivilisation zurück und hatten die Möglichkeit noch einige Kleinigkeiten in einem kleinen „Supermarkt“ einzukaufen um dann auch für den bevorstehenden Abend uns entsprechend nach knapp 12 km zurückgelegter Strecke wieder stärken zu können.

Wieder hatten wir eine Übernachtungsstelle ausgesucht, die uns beim Verlassen des Kajaks vor keine großen Probleme stellte - wir konnten wieder mit Schwung auf den kleinen Sandstrand fahren und hatten somit wieder schnell sicheren Boden unter den Füßen. Da wir bei unserer Ankunftszeit noch alleine in Hälgsnäsviken waren hatten wir uns entschieden, Melvins Tarp bzw. mein Zelt in der Nähe der Feuerstelle aufzuschlagen - diese Idee entpuppte sich im weiteren Verlauf des Tages bzw. des Abends als nicht die Beste.

Melvin nutze die Ruhe am Nachmittag um die von Opa ausgeliehene Angel seiner Bestimmung zuzuführen und damit war auch meine Hoffnung auf ein üppiges Abendessen mit leckerem frisch gefangenem Fisch verbunden. Nach etwa einer Stunde des hochkonzentrierten Angelns kehrte Melvin etwas betrübt zum Lagerplatz zurück - was war passiert? Der Splint seiner Angelrolle hatte sich gelöst und sich gemeinsam mit dem Griffstück der Rolle in die ewigen Tiefen des Sör-Algen verabschiedet. Somit musste auch ich mich von der Hoffnung verabschieden auf unserer Tour frischen selbstgefangenen Fisch aus den glasklaren Seen und Flüssen Schwedens zu Gesicht ergo in die Pfanne oder auf den Grill zu bekommen. Zum Glück hatten wir ja mit ausreichend Outdoor und „Dosenfutter“ vorgesorgt, so dass unser „überleben“ in der schwedischen Wildnis ja von vornherein auch ohne den erhofften frischen Fisch gesichert war.

Am frühen Abend kamen weitere Wasserfreunde mit ihren Kanus an und so wurde die Feuerstelle selbstverständlich von Ihnen für die Zubereitung von Essen - insbesondere für die mitfahrenden Kinder

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in Anspruch genommen und mit der Ruhe war es bis spät in die Nacht erst einmal vorbei. Aber Melvin und ich waren ja lernfähig und im weiteren Verlauf unserer Reise entwickelten wir ein gewisses Gespür dafür, welches die besten Plätze auf den ausgewiesenen Rastplätzen waren.

Nach einer dann etwas kürzeren Nacht waren wir am nächsten Morgen nach einem wieder spärlichen Frühstück mit - Knäckebrot - Margarine - Nutella - Marmelade und typischen Berliner „Krümeltee“ bzw. Apfeltee wieder hochmotiviert um die nächste Etappe unser Reise anzutreten. Trotz unseres frühen Aufbrechens war der Sör-Algen nicht so ruhig wie wir eigentlich erwartet hatten und die Strömung verlangte uns das Eine oder andere an Geschick zur sicheren Überquerung des Sees in Richtung des See Halvtron ab. Aber wir erreichten sicher unseren vereinbarten Zwischenhalt an der Straßenbrücke zwischen dem Sör-Älgen und dem See Halvtron - auch wenn wir beide etwas unterschiedliche Herangehensweisen zur Überquerung gewählt hatten - Melvin kämpfte sich am östlichen Ufer immer wieder gegen die Strömung zu unserem verabredeten Treffpunkt durch, während ich mich mit der Strömung in Richtung des westlichen Ufers des Sees treiben ließ um dann im Schutze des Ufers unseren Treffpunkt zu erreichen.

Wir hätten gerne auf eine der im See liegenden Inseln unser Lager für die Nacht aufgeschlagen, aber bei der Einweisung durch Els und Sico wurden wir darauf hingewiesen, dass sich diese Inseln in Privatbesitz befinden und eine Gruppe Österreichischer Wasserfreunde knapp vierzehn Tage vorher durch das entfachen eines etwas zu groß angelegten Lagerfeuers dafür gesorgt hat, dass der Besitzer die Übernachtungsmöglichkeit auf den Inseln untersagt hat - schade wenn einige Wenige durch unbedachte Aktionen die Hoffnung anderer, die sich auf eine Übernachtung in der Abgeschiedenheit eines Sees auf einer Insel gefreut haben und sich auch sonst an die entsprechenden Regeln in der Schwedischen Natur halten - kaputt machen.

Somit hieß es für Melvin und mich, die einsamen Inseln auf dem Halvtron hinter uns zu lassen und in nordöstliche Richtung weiter Richtung der nächsten Umtragestelle zwischen dem See Halvtron und dem See Sundsjön zu paddeln. Aufgrund des nicht so breiten Sees und der vorhandenen Strömung kamen wir beide sehr gut voran und die Umtragestelle war durch die Kennzeichnung mit einer entsprechenden weißen Boje gut erkennbar. Nachdem wir beide mehr oder weniger elegant das Anlegemanöver hinter uns gebracht hatten (ich eher weniger elegant aber wenigstens trocken geblieben) - hieß es mal wieder das Kajak auf den mitgeführten Bootswagen zu schnallen und die knapp 400 m durch den Wald bis zum Sundsjön zurückzulegen. Hier erinnerten wir uns dann an die Worte von Sico bei der Einweisung - was hatte er uns vor zwei Tagen noch als Mahnung mit auf den Weg gegeben? Wir sollten unserem Bootswagen nicht zu viel zumuten, denn die Kunststoffkonstruktion des Bootswagen könnte schon mal Schaden nehmen. Jetzt wussten wir auch was er damit gemeint hatte - eine eher als Buckelpiste mit herausstehenden Baumwurzeln zu bezeichnende Strecke, die auch noch durch den Regen der Vortage durchgeweicht war. Diese Strecke mussten wir nun hinter uns bringen um den Platz um die Kajaks wieder zu Wasser lassen zu können, zu erreichen. Mein Kajak musste ich auf den bevorstehenden knapp 400 m viermal wiederaufrichten nachdem es - vielleicht auch weil die Gewichtsverteilung nicht optimal gewählt war, umgekippt war. Aber umkippen ist immer noch besser als mit gebrochenem Rad am Bootswagen die Reise fortzusetzen (aber dazu später mehr).

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Wir erreichten aber ohne das unsere Bootswagen Schaden genommen hatten den Sundsjön - ließen unsere Kajaks wieder zu Wasser und stellten fest, es wurde immer einsamer um uns herum, keine Geräusche drangen an unsere Ohren, keine Menschen weit und breit nur Melvin und ich allein in der Natur Schwedens - genauso hatten wir es uns vorgestellt! Aber alleine? Nein, der Bau eines Bibers an der Uferböschung weckte unser Interesse und auch der sorgsam gefällte Baum mit den typischen Anzeichen, dass der „Baumfäller“ ein Biber gewesen ist, war ein Indiz dafür, dass wir nicht alleine waren. Wenigstens die Tiere hatten hier in der Einsamkeit Schwedens eine unberührte Natur und somit Heimat vorgefunden.

Auch über uns in den Lüften hatten wir einen Begleiter ausmachen können. Ein Fischadler kreiste immer mal wieder über unseren Köpfen und suchte nach dem was aufgrund des Missgeschickes mit der Angel für Melvin und mich im weiteren Verlauf unserer Fahrt nicht mehr auf unserem Teller landen sollte - Fisch! Adler in der Luft zu sehen ist das eine, aber das Schlagen der Flügel der Adler in der Luft zu hören - dass kann man wahrscheinlich nur in der Einsamkeit Schwedens erleben - atemberaubend können wir nur sagen - zu hören, wenn der Adler mit seinem Flügeln die Luft zerschneidet um Auftrieb zu bekommen! Solche Eindrücke werden wir nicht mehr vergessen.

Nachdem wir mehr oder weniger lautlos mit unseren Kajaks das Ende des Sees erreicht hatten, hieß es für uns wieder nach einem geeigneten Schlafplatz für die bevorstehende Nacht Ausschau zu halten. Teilweise war das Ufer sehr steil und mit Steinen versehen, so dass ein Anlegen für uns beide unmöglich war. Aber nach einer gewissen Zeit und professioneller Suche wurden wir fündig - es war zwar nicht die erhoffte kleine Insel aber wenigstens eine Landzunge mit einer schon vorhandenen Feuerstelle, ausreichend trockenem und herumliegenden Holz für das Lagerfeuer und zum Baden wie auch um die Seele und die Beine baumeln zu lassen und vielleicht auch die mitgeführte Lektüre mal aus den Staukästen des Kajaks an das Tageslicht zu befördern, bestens geeignet. Auch hier hatten wir das Vergnügen Tiere zu begrüßen. Ameisen wohin das Auge sah aber gestört haben wir uns daran nicht. Auch diese kleinen „Erdenbewohner“ haben sich die Einsamkeit der Schwedischen Wildnis ausgesucht um in Frieden Leben zu können und so war es für uns nur wichtig die Mückenschleier immer vollständig zu schließen um vor nächtlichem Besuch im Tarp oder im Zelt sicher zu sein.

Melvin kümmerte ich um das Lagerfeuer und den Nachschub an Holz und das unter anderem auch indem er das zusätzlich bereitgestellte Material Säge und Axt ausgiebig nutzte um das bereits herumliegende Holz in entsprechend kleine Stücke zu zerteilen.

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Ich hatte mich entschlossen auf dem vor unserem Lagerplatz liegenden großen Steinplateau meine Seele baumeln zu lassen und ein wenig zu lesen und dabei die Ruhe zu genießen. Für das Abendessen hatten wir uns vorgenommen die von uns mitgeführten Kartoffeln zu kochen und etwas von unserem Outdoor-Futter zu verspeisen. Kartoffeln auf einem Esbitkocher zu erwärmen gestaltet sich dann doch etwas schwieriger als wir beide gedacht hatten, aber unser zweiter Vorname ist ja „Improvision“, also die noch nicht ganz gekochten Kartoffeln in die ebenfalls mitgeführte Alufolie gewickelt und direkt in die Glut des durch Melvin streng gehüteten Lagerfeuers geworfen. Wer schon einmal Kartoffeln direkt aus der Glut eines Lagerfeuers essen durfte, kann nachvollziehen wie es uns beiden geschmeckt hat - nämlich SUPER!

Mittlerweile hatten wir etwas mehr als die Hälfte unserer veranschlagten Reisezeit schon hinter uns und wir waren immer noch hochmotiviert und hätten wahrscheinlich auch eine längere Zeit in der Abgeschiedenheit Schwedens verbringen können. Nach einer ruhigen Nacht ohne den Besuch von Ameisen hieß es dann am nächsten Tag wieder uns schon mal mit dem Gedanken auf die Rückreise anzufreunden und so ließen wir, nachdem wir unseren Lagerplatz aufgeräumt und für kommende Wasserfreunde in einem ordentlichen Zustand zurückgelassen hatten, unsere Kajaks ins Wasser um den Rückweg in Richtung Grythyttan anzutreten.

Wir hatten entschieden uns dort durch den Veranstalter abholen zu lassen und so ließen wir uns wieder auf dem See in Richtung Umtragestelle „Buckelpiste“ treiben, der Fischadler war wieder in den Lüften unser ständiger Begleiter und auch der Biber hatte weiter an seinem Damm gearbeitet. Da wir ja mittlerweile wussten was uns an der Umtragestelle erwarten würde waren wir entsprechend wieder vorsichtig mit unseren Bootswagen unterwegs. Trotzdem war es wider an mir seinen Bootswagen viermal aufzurichten aber diesmal musste auch Melvin den Unebenheiten des Weges Tribut zollen und sein Kajak samt Bootswagen aus dem hohen Gras abseits der Buckelpiste herausholen.

Nachdem wir die Kajaks mehr oder weniger elegant zu Wasser gelassen und bestiegen hatten mussten wir nun erstmalig auf unserer Tour feststellen, dass die Seen in Schweden nicht immer flach wie ein Spiegel in der Sonne liegen, sondern auch mal leichte Wellen haben und es nicht immer Windstill ist. Also es war sehr wellig auf unserem Rückweg Richtung der verbotenen Inseln und der Wind hatte aufgefrischt und blies uns direkt von vorne ins Gesicht. Ein anstrengender Abschnitt lag nun vor uns und in Gedanken malte man sich immer wieder aus was passieren würde, wenn eine dieser

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Wellen es schafft dein Kajak mitten auf dem See zum kentern zu bringen. Aber … nein wir erreichten beide, wenn auch schon deutlich durch die Strapazen des Paddelns gegen den Wind, gegen die Strömung und gegen die Wellen unseren vereinbarten Treffpunkt an der Brücke. Ich in diesem Fall etwas später - ich war zwar schneller gegen die Naturgewalten auf dem Wasser unterwegs als Melvin, aber Melvins Orientierung zur Brücke war deutlich besser als meine. So hatte ich die Abzweigung zur Brücke glatt verpasst und war knapp 1,5 km zu weit gefahren. Durch die heutigen Kommunikationsmittel und damit der Möglichkeit auch seinen Standort senden zu können, konnte ich dann meinen eingeschlagenen Kurs korrigieren und mit etwas Verspätung den Treffpunkt an der Brücke erreichen, wo mich Melvin mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht in Empfang nahm.

So begannen wir nun nach einem geeigneten Lagerplatz für unsere letzte Nacht in den unendlichen Weiten Schwedens Ausschau zu halten. Der erste Lagerplatz der unserer Meinung nach für den letzten Abend geeignet erschien war leider durch eine Familie mit Wohnmobil schon belegt und so mussten wir weiter Ausschau halten. Mittlerweile hatten wir auch schon wieder das südwestliche Ufer des Sör-Älgen erreicht und mussten wie schon so des Öfteren während unserer Tour feststellen, dass sich viele Ufergrundstücke in dieser Region in Privatbesitz befinden und somit als nächtlicher Lagerplatz nicht zur Verfügung stehen bzw. aufgrund der Uferbefestigung mit großen Felssteinen ein Anlegen mit unseren beiden Kajaks nur schwer möglich, der Aufbau eines Zeltes und das damit verbundene Einschlagen der Heringe zur Befestigung des Zeltes unmöglich ist. Also was sollten wir machen? Letztlich entschieden wir uns – auch weil es noch ziemlich früh am Nachmittag war und somit noch nicht mit vielen anderen Wasserwanderern an den ausgewiesenen Rastplätzen zu rechnen war noch einmal für den Lagerplatz Hälgsnäsviken. Wie schon mal angesprochen – wir waren ja lernfähig was die Auswahl des Platzes unseres Nachtlager anging und so entscheiden wir uns diesmal nicht für die Nähe zur Feuerstelle sondern wir schlugen Tarp und Zelt etwas entfernt an einem ruhigen Platz mit direktem Seezugang auf und begannen schon einmal den letzten Tag durchzusprechen und dazu gehört auch die telefonische Kontaktaufnahme mit unserem Reiseveranstalter, der uns ja am Folgetag am vereinbarten Treffpunkt in Grythyttan wieder abholen und in die Zivilisation zurückbringen sollte. Wie alles auf unserer Tour verlief auch diese Kontaktaufnahme und die getroffenen Absprachen in gewohnt professioneller Art und Weise und Melvin und ich konnten dem Zustrom immer weiterer Kajak- und Kanufahrer in Richtung unseres Lagerplatzes zuschauen.

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Es wurde sehr voll an unserem letzten Abend und die Idee von Melvin sich mit selbstgepflückten Blaubeeren den Bauch vollzuschlagen entpuppte sich im nach hinein als eine seiner schlechtesten Ideen.

Nachdem eine größere Gruppe von Kanufahrern ebenfalls ihr Lager aufgeschlagen hatte und sie sich nun auch mit ihren Angeln auf den Weg machten um das bevorstehende Abendessen um eine leckere Fischmahlzeit zu ergänzen, sahen wir SIE wieder. Unsere drei Weggefährten von der Insel Rügen die uns am ersten Tag ja ein Stück des Weges Richtung Torrvarpen begleitet hatten, hatten ihr Lager ebenfalls in unserer Nähe aufgeschlagen und die Geschichten die sie zu ihrem fünf Tage Erlebnistrip in Schwedens Wildnis zu erzählen hatten, trieben mir und Melvin mehr als nur ein leichtes Schmunzeln aufs Gesicht. Orientierung ist nicht immer einfach, aber wer auf der Einweisung gut zugehört und sich ein paar Notizen gemacht hatte musste sich darüber eigentlich keine großen Gedanken machen. Unsere drei Freunde schon, denn sie hatten das ausgehändigte Kartenmaterial einmal falsch aneinandergelegt und so war der falsche Weg eingeschlagen, das Handynetz in der Abgeschiedenheit Schwedens nicht durchgängig vorhanden und ein Umweg von über 20 km schnell herausgefahren. Auch die Anzahl ihrer Handys hatte sich auf der Tour reduziert – aus drei waren nun zwei geworden und die Fahrtüchtigkeit der Bootswagen war ebenfalls von drei auf nunmehr einen zusammengeschrumpft. Wie sagte Sico noch bei der Einweisung: “ Wir sollten unserem Bootswagen nicht zu viel zumuten …!“ – ja so schnell konnte es gehen.

Trotz dieser Missgeschicke waren unsere drei Freunde weiterhin guter Stimmung und sie hatten ihren Humor nicht verloren und nach einer doch schon sehr langen Fahrt im Kajak – immerhin fast 25 km als vorletzte Tagestour, war ihr Hunger groß und die vorbereiteten Nudeln mit Tomatensoße schmeckten ihnen umso besser.

Nach einer letzten ruhigen Nacht und auch ein bisschen Vorfreude auf die Rückkehr in die Zivilisation mit fließendem Wasser aus der Leitung, einem ausgiebigen Essen und einem Bett machten Melvin und ich uns am 12. August 2022 auf den Weg in Richtung des vereinbarten Abholpunktes in Grythyttan.

Wir hatten entschieden bereits dort unsere Kajaks für die Rückgabe zu reinigen um somit nicht zu viel Zeit für die Übergabe in Hällefors einzuplanen, denn wir wollten ja noch in Richtung Trelleborg aufbrechen um dann am 13. August 2022 mit der Fähre nach Rostock Travemünde und somit in Richtung Heimat BÄRlin überzusetzen. Nachdem die Kajaks und das geliehene Material gereinigt und zur Rückgabe vorbereitet war, schnallten wir ein letztes Mal unsere Kajaks auf die Bootswagen und erreichten dann den Treffpunkt an der Tankstelle / Pizzeria und warteten auf die Abholung.

Die Zeit bis dahin nutzten wir um noch ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt für die bevorstehende Rückfahrt zu besorgen, auf dem Weg noch ein leckeres Eis von der deutschsprachigen Bedienung zu erwerben und letztlich zum Mittag eine megaleckere Pizza zu verspeisen. Gleichzeitig hatten wir unseren drei Freunden von Rügen angeboten, sich unsere noch intakten Bootswagen für den Transport zum Abholpunkt auszuleihen – dieses Angebot nahmen sie gerne an.

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Pünktlich um 14:00 Uhr wurden wir abgeholt und zurück nach Hällefors gebracht. Die Übergabe gestaltete sich bei Melvin und mir sehr problemlos und so hieß es gegen 15:00 Uhr das Auto mit unserem Gepäck zu beladen, sich von den Freunden von der Insel Rügen zu verabschieden zu sagen und uns auf den Weg über die Landstraßen und Autobahnen Schwedens in Richtung Trelleborg aufzumachen und letztlich nach einer Zwischenübernachtung in einem Hotel in Ljungby am 13. August 2022 wieder BÄRlin und somit unser Zuhause zu erreichen.

Was bleibt in Erinnerung an diese fünf Tage in Schweden?

Als erstes die Eindrücke der unendlichen Weite der Natur mit ihren unzähligen Seen.

Das Tiere die man eigentlich nur im Tierpark oder Zoo zu Gesicht bekommen kann, dort in der Einsamkeit eine Heimat gefunden haben.

Das es wichtig ist, sich auch in der Einsamkeit Schwedens an bestimmte Regeln zu halten um die Natur zu schützen, Privateigentum zu respektieren um somit auch nachfolgenden Generation die Möglichkeit zu geben diese einmalige Natur mit allen ihren Facetten zu erleben.

Das Handy und WLAN in der Natur nicht so wichtig sind, wie Feuer, Essen, Trinkwasser und irgendein „Dach“ über dem Kopf.

Zum Abschluss geht noch ein besonderer Dank an das Scandtrack-Team sowie das Team um Sico und Els vom „Vandrarhem & Kanotcenter“ in Hällefors. Ohne euch und euren super Support in allen Lebenslagen, wäre diese Kajaktour „Auf eigene Faust“ auf dem Fluss Svartälven – nicht zu solch einem unvergessenen Erlebnis für Melvin und mich geworden!

Autor: Melvin H., 17. November 2022